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Einen Tag Hausmann sein…

Mach dir mal keine Sorgen“, sagte ich. „Hauptsache, du wirst wieder gesund. Verlass dich ganz auf mich; es wird alles laufen wie am Schnürchen.“

Meine Frau war mit Gliederschmerzen und Fieber aufgewacht. Da gab es nur eins: Sie musste im Bett bleiben. Kein Problem, beruhigte ich sie. Ich würde jetzt duschen und mich dann ans Werk machen.

„Zum Duschen ist keine Zeit mehr“, stöhnte sie. „Mach schnell, du hast eine Menge zu tun!“ Sie war ganz aufgeregt, wie im Fieberwahn. Sie warf die Bettdecke zurück, stand auf und lamentierte: „Es ist schon spät. Die Jungen müssen um halb acht in der Schule sein, und du musst noch…“

Behutsam geleitete ich sie wieder ins Bett, zog mich an, eilte in die Küche – und fand genau das vor, was ich erwartet hatte: drei Teenager, die sich schon selbst mit Frühstück versorgt hatten.

„Eure Mutter“, erklärte ich ihnen, „ist heute krank Wenn ihr irgendwas braucht, kommt zu mir.“ Ich schaltete die Kaffeemaschine an und griff nach einer Zeitschrift.

„Du kannst jetzt nicht Zeitschriften lesen, Paps“, sagte jemand. „Du musst unsere Pausenbrote richten!“

„Was, die macht ihr nicht selbst?“

„Keine Zeit. Wir müssen frühstücken und unsere ganzen Sachen Zusammenpacken und…“

„Warum macht ihr sie nicht schon am Abend vorher?“

„Dann sind sie doch bis zum nächsten Tag matschig und vergammelt. Mama macht sie immer morgens, und sie sorgt dafür, dass wir um halb acht in der Schule sind.“

Die Vierjährige erschien, strahlte mich an und schmiegte sich dann an mich. „Ich hab‘ dich lieb, Papi“, sagte sie.

„Ich dich auch“, sagte ich, hob sie hoch und nahm sie in den Arm.

„Kann ich Rühreier haben?“

„Klar kannst du…“

„Paps“, drängte eine Teenagerstimme, „die Pausenbrote!“

Es war fünf Minuten nach sieben. Hastig machte ich mich daran, Marmelade auf die Brote zu streichen, die Scheiben zusammenzuklappen und in Tüten zu packen, Die Vierjährige hatte den Kühlschrank geöffnet und blickte sehnsüchtig zum Eierfach empor. „Welches sind die Rühreier?“ fragte sie.

Hals über Kopf zwängten wir uns ins Auto, welches ich schon längt ummelden wolten. ich fuhr jetzt aber erst einmal mit Vollgas zur Schule. „Denk dran“, hörte ich, während die Autotür wieder zuknallte, „du musst unbedingt meine Trainingshose waschen und sie bis Mittag herbringen! Heute haben wir nämlich Sport.“

Es ging auf acht Uhr zu, und es gibt ja auch noch andere Erziehungseinrichtungen. Ich brachte meine Vierjährige in den Kindergarten und fuhr dann nach Hause, um endlich Kaffee zu trinken und die Zeitung zu lesen. Bis auf den Trubel am frühen Morgen, dachte ich, war so ein großer Haushalt ja weiter kein Problem. Das Telefon klingelte. Meine Frau meldete sich vom Nebenapparat im Schlafzimmer: Ob die Trainingshose schon in der Waschmaschine sei? Ich versicherte ihr; ich hätte alles fest im Griff, sie solle doch bitte aufhören, sich Sorgen zu machen, und sich ausruhen.

Unsere Achtzehnjährige erschien auf der Bildfläche. Sie suchte ihre ältere Schwester. „Sie hat heute frei, und wir wollten einen Einkaufsbummel machen.“

In diesem Augenblick platzte unser Ältester in die Küche, er ist bereits Student. „Ich muss in einer Viertelstunde in der Vorlesung sein von meinem Studium ein“, brüllte er und rannte hinaus zu seinem alten klapprigen Wagen.

„So ein gemeiner Kerl!“ schimpfte seine Schwester. „Und gestern hat er gesagt, wir können seine Blechkiste zum Einkaufen haben…“

Kaum hatte sie das gesagt, da kam der Jungakademiker schon wieder zurück gerannt.

„Nicht am Dienstag“, fauchte er sie an. „Am Mittwoch, da hab‘ ich nämlich erst um zwei Uhr Vorlesung.“ Er warf seiner Schwester einen giftigen Blick zu. „Komm, tu nicht so, das hast du genau gewusst.“

Das Telefon klingelte. Die Schule informierte mich, unsere Zwölfjährige sei krank. Ich fuhr hin und holte sie.

Kaum hatte ich sie ins Bett gesteckt, da erschien unser Student wieder, denn ihm war gerade eingefallen, dass er heute von seinem Handball-Club als Verkäufer bei einem Trödelmarkt für Handball Artikel eingeteilt worden war. Da sich die beiden Schwestern inzwischen mit seinem Auto aus dem Staub gemacht hatten, musste ich ihn hinbringen.

Als wir dort eintrafen, erklärte er mir: „Aber Punkt zwei Uhr muss ich in der Vorlesung sein. Also richte deinen Töchtern aus, dass sie meinen Wagen

hier rechtzeitig wieder abliefern sollen, klar?“

„Du drückst dich ja wohl deutlich genug aus.“

Als ich nach Hause kam, saß die schwerkranke Zwölfjährige vor dem Fernseher. Das überraschte mich.

„Ich bin schon wieder gesund, Papi“, sagte sie. „Ich habe kräftig gebetet, dass es mir besser gehen soll, und gleich fühlte ich mich besser. Ist das nicht ein Wunder?“

Das Telefon klingelte, der Kindergarten war dran. Es sei schon 25 Minuten über die Zeit, alle anderen Kinder seien längst abgeholt und mein Töchterchen sei in Tränen aufgelöst.

Ich holte sie ab und hörte beim Zurückkommen von draußen schon das Telefon klingeln. Es war der junge Sportler. Wo seine Trainingshose bleibe?

„Kein Grund zur Panik“, beruhigte ich ihn. „Ich bring‘ sie dir um halb drei in den Umkleideraum, okay?“ Ich sauste in den Waschraum, fand die Sporthose, warf sie in die Maschine und füllte Waschpulver ein. Dann stopfte ich noch einen Armvoll Wäsche in die Trommel und schloss die Klappe. Ein Hemd war mir auf den Boden gefallen. Ich hob es auf und schmiss es zur Seite.

Plötzlich stand die Zwölfjährige hinter mir. „Ich habe Hunger“, sagte sie. „Wann gibt’s was zu essen? Und warum steht alles unter Wasser?“

„Wo?“

„Da, am Abfluss.“

„Schnell, sieh in den Badezimmern nach“, schrie ich, „ob dort die Abflüsse

ebenfalls überlaufen! Ich rufe gleich den Installateur an!“

„Vielleicht verstopft irgendetwas den Abfluss?“ sagte die Kleine.

„Unsinn. Das müsste ich doch gesehen haben.“

Ich rannte zum Telefon, nahm den Hörer ab, legte ihn wieder auf, rannte zurück zum Abflussbecken, steckte die Hand ins Wasser, tastete nach dem Abfluss und zog das Hemd heraus, das ich in die Gegend gefeuert hatte. Das Wasser lief gurgelnd ab.

Als die Waschmaschine endlich stillstand, suchte ich hastig die Trainingshose heraus. Sie hatte sich rosa vefärbt! Mir wurden die Knie weich. Panik überfiel mich. „Unmöglich! Die kann er nicht anziehen! Da wird er ja ausgelacht!“

Wahrscheinlich sei ihr roter Pullover ausgelaufen, meinte die Zwölfjährige.

„Aha!“ tobte ich. „Also dein blöder Pullover ist schuld daran, dass die ganze Wäsche ruiniert ist!“

„Nein, schuld ist der Dummkopf, der den roten Pulli in die Maschine wirft, statt ihn von Hand zu waschen.“ Sie ließ Wasser in eine Schüssel laufen, tat etwas weißes Pulver hinein und tauchte die Trainingshose in die Brühe.

„Das ist ja ein Bleichmittel!“

„Genau, Paps“, meinte sie. „Du merkst auch alles.“

Das Telefon klingelte. „Holst du mich denn nicht ab und bringst mich zum Arzt?“ fragte die Stimme von Sohn Nummer drei.

„Weswegen?“

„Meine Fäden sollen doch gezogen werden.“

„Was für Fäden?“

„Ich bin doch letzte Woche an der Hand genäht worden, erinnerst du dich denn nicht? Ich bin um halb zwei bestellt.“

Vom Arzt aus rief ich zu Hause an. Nein, die beiden Schwestern waren noch nicht vom Einkaufen zurück. Aber der Große kommt doch zu spät in seine Vorlesung! Ich versicherte Sohn Nummer drei, ich würde gleich zurück sein,- raste zum Trödelmarkt und sah mich einem wütenden Jungakademiker gegenüber. Wir hetzten zum Hörsaal, wo wir mit nur fünf Minuten Verspätung eintrafen.

Schnell zurück zum Arzt, den Patienten nach Hause fahren und die Trainingshose holen. Als ich an den Kabinen eintraf, war ich 20 Minuten im Rückstand. „Ich dachte schon, du kommst überhaupt nicht mehr“, knurrte der Sportsfreund. „Du kostest mich noch meine Karriere.“

Ich fuhr nach Hause, um die Vierjährige abzuholen, die ihren Bruder natürlich spielen sehen wollte. Inzwischen waren auch die beiden großen Mädchen eingetroffen, und die eine war völlig außer sich. Um drei hätte sie im Geschäft sein müssen, und jetzt war es schon ein paar Minuten darüber! Für den Bus war es längst zu spät.

Nachdem ich sie abgesetzt hatte, fuhr ich mit der Vierjährigen weiter zum Sportplatz. Wir kamen gerade noch rechtzeitig, um mitzuerleben, wie der frisch gewaschene Dress samt Inhalt zu Boden ging und total verdreckt wieder hochkam. Dann erhob sich eine der zuschauenden Mütter und erklärte, sie müsse jetzt das Abendessen machen. Was wird es wohl bei uns heute Gutes geben, überlegte ich und dachte mit Stolz an die -hervorragenden -Kochkünste -meiner Frau. Dann erschrak ich. Sie ist ja krank, du Idiot! Du kannst sie doch in dem Zustand nicht an den Herd stellen! Ich sprang auf; nahm die Vierjährige auf den Arm, spurtete zum Auto und gab Gas. Ich musste ja erst noch einkaufen!

Spät am Abend betrat ich das Zimmer meiner Frau. Ich war fix und fertig. „Wie fühlst du dich denn?“ fragte ich sie. „Du siehst ja blendend aus! Dann kannst du morgen sicher wieder aufstehen, nicht wahr?“

Sie hatte sich frisch frisiert und wirkte tatsächlich erfreulich munter. Ich entschloss mich, ihr ausführlich zu berichten, wie ich den Tag gemeistert hatte – vorausgesetzt, die Wahrheit war nicht allzu blamabel. Sie hörte aufmerksam zu, bis ich fertig war.

„Na schön“, meinte sie dann, „aber sag mir: Ist irgendetwas Außergewöhnliches passiert?“